Gefangen in der Miete Traum vom Eigenheim zerplatzt

Gefangen in der Miete Traum vom Eigenheim zerplatzt: Europäische Nachbarn zeigen, wo es im System hakt

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Zur Zeiten der Wahlprogramme wird viel diskutiert über soziale Gerechtigkeit und das Verhältnis Mieter und Eigentümer. Für mich bleibt die Frage, warum einen steuerliche Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums gänzlich gestrichen wurde und auch die Forderung dazu gar nicht vorhanden ist. Ich muss Mieter nicht schützen, die zu Eigentümer geworden sind. In dem vorliegenden Artikel werden ein paar Ansätze besprochen.

Unter deutschen Eigentümern finden sich in den vergangenen 20 Jahren immer weniger junge Menschen. Eine Studie zeigt: Sie können sich seltener ein eigenes Haus oder eine Wohnung leisten. Aber die hohen Kaufpreise sind nur ein Teil der Problematik.

Laut Experten hat Wohneigentum viele Vorteile: Die Altersvorsorge wird gestärkt, die Vermögensverteilung gleichmäßiger und Gentrifizierung von Vierteln und sogar ganzen Städten kann verhindert werden. Doch in keinem anderen EU-Land leben weniger Menschen in einer eigenen Immobilie als in Deutschland. Bundesweit sind es nur 46,5 Prozent aller Haushalte.

Damit bleibt Deutschland im internationalen Vergleich eine Mieternation – und es deutet wenig darauf hin, dass sich dies so schnell ändern wird. Der Grund: Es fehlt vor allem an Nachwuchs-Eigentümern.

Studie zeigt: Jüngere Menschen kaufen sich immer seltener eine eigene Immobilie

So zeigen Studien zwar, dass viele junge Erwachsene und Familien gerne von der Mietwohnung ins Eigenheim ziehen wollen würden. Doch in der Praxis realisieren immer weniger junge Menschen den Traum der eigenen vier Wände. Das jedenfalls zeigt eine Erhebung, die das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung erstellt hat.

Der Anteil junger Erwachsener, die im selbstgenutzten Wohneigentum leben, ist in den vergangenen Jahren sogar gesunken. Von allen Haushalten besaßen im Jahr 2000 noch 31 Prozent im Alter bis 45 Jahre ein Eigenheim. Im Jahr 2019 machte diese Altersgruppe nur noch 15 Prozent bei den Eigentümern aus.

Unterdessen legte die Quote unter den Älteren stetig zu. Bei den über 65-Jährigen ist der Anteil der Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer von knapp 27 Prozent im Jahr 1990 auf 40 Prozent im Jahr 2019 gestiegen. Sie hätten ihr Wohneigentum in der Regel in den 80er- und 90er-Jahren erworben, schreiben die Studienautoren.

Gestiegene Kaufpreise erklären Entwicklung nicht

Für diese Verschiebungen bei der Wohneigentumsquote nach Altersgruppe allerdings allein den demografischen Wandel verantwortlich zu machen, greift in den Augen der Studienautoren des IW zu kurz. Er allein erkläre den sinkenden Anteil jüngerer Eigentümer nur zu einem kleinen Teil, heißt es.

Und auch die hohen Kaufpreise seien für viele junge Interessenten zwar abschreckend, aber in Wirklichkeit wäre Wohneigentum in vielen Regionen sogar erschwinglicher geworden, bilanzieren die Forscher. So sind zwar die Immobilienpreise vor allem in den Metropolen in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Zugleich ist jedoch die Zinsbelastung gesunken.

Traum vom Eigenheim: Eigenkapital ist die größte Hürde

Das größte Problem bei der Wohneigentumsbildung ist somit in den Augen der Forscher das Eigenkapital, das Käufer für einen Baukredit mitbringen müssen. „Wer in Deutschland Eigentum erwirbt, muss zwischen 4,6 und acht Prozent des Kaufpreises für Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuchamt bezahlen. Hinzu kommt gegebenenfalls die Maklerprovision, die noch einmal bis zu 3,57 Prozent für die Käuferin beziehungsweise den Käufer beträgt. Weiterhin erwarten die Banken Eigenkapital in der Finanzierung. Dies beträgt zwischen zehn und 20 Prozent des Kaufpreises. Wer also Eigentum erwerben möchte, muss rund 20 bis besser 30 Prozent des Kaufpreises gespart haben“, heißt es in der Studie.

Angesichts steigender Wohnungspreise in den vergangenen Jahren sei der Kapitalbedarf immer weiter gestiegen. Bei einem Durchschnittspreis für Wohneigentum in Deutschland von rund 300.000 Euro muss ein Haushalt rund 60.000 Euro angespart haben – dies würde aber nur auf rund 15 Prozent der Mieterinnen und Mieter zutreffen, halten die Experten fest. In der Gruppe der 25- bis 40-jährigen Mieterinnen und Mieter seien es sogar weniger als zwölf Prozent.

Das Ausland bietet Lösungsvorschläge an

Um den Anteil von Immobilieneigentümern zu steigern, besonders bei jungen Menschen, schlagen die Forscher der Politik drei wesentliche Handlungsempfehlungen vor. Dafür hat das IW in seinem Gutachten geprüft, wie andere europäische Länder den Zugang zu Wohneigentum gestalten und aus deren Erfolgen Lösungsvorschläge abgeleitet:

  1. Erstens sollte in den Augen der Studienautoren die Grunderwerbsteuer reformiert werden. „Als Vorbild könnte hierfür das britische Modell mit einem Freibetrag und einem Stufentarif dienen“, schreiben sie. Durch dieses Modell könnten Haushalte, die kleine und günstige Wohnungen kaufen, entlastet werden, während Haushalte, die große Wohnungen in guten Lagen kaufen, stärker zur Kasse gebeten werden. Die Autoren empfehlen: „Für vermietete Objekte sollte wie bisher ein Pauschalsteuersatz gelten.“
  2. Zweitens sollte, wie es in der Studie heißt, nach niederländischem Vorbild eine Kreditausfallversicherung für Hypothekendarlehen eingeführt werden. „Sie schafft einerseits Planungssicherheit, und zum anderen können Banken aufgrund der höheren Sicherheit auf Eigenkapital der Kundinnen und Kunden verzichten“, schreiben sie.
     
  3. Drittens sollte generell die Haltung zu Wohneigentum in Deutschland überdacht werden. Wohneigentum spiele nicht nur für die individuelle Vermögensbildung eine wichtige Rolle, sondern trage dazu bei, Altersarmut zu vermeiden. IW-Immobilienökonom Michael Voigtländer fasst zusammen: „Dadurch wird die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt, da ein größerer Teil der Bevölkerung an Wertsteigerungen partizipiert. Die Politik ist daher gut beraten, das Aufstiegsversprechen durch Wohneigentum in den Fokus zu nehmen.“